Zu Fuß vom Tiananmen zum Himmelstempel

Ich möchte Sie auf eine Stadtwanderung mitnehmen. Ziehen Sie sich in Gedanken bequeme Schuhe an, denn in Peking ist alles eine Nummer größer! Wir möchten am Tiananmen-Platz beginnen. Alleine dieser Platz vor dem Tor des Himmlischen Friedens misst von Nord nach Süd fast einen Kilometer. Keine Angst, verlaufen werden Sie sich nicht – ich bin ja bei Ihnen und erzählen Ihnen unterwegs ein paar Dinge zu dem, was wir so sehen…

In unserem Rücken liegt nun das Tor des Himmlischen Friedens, der Ort von dem einst Mao Zedong die Volksrepublik China proklamiert hat, und wir blicken nach Süden. Vor uns liegt der größte innerstädtische Platz der Welt. Das heißt – direkt vor uns liegt der Chang’an Boulevard , der hier sage und schreibe 13 Fahrspuren aufweist. Genug Platz für die Paraden zum Nationalfeiertag. Natürlich gibt es hier keinen so breiten Zebrastrifen, stattdessen gibt es Unterführungen. Eine davon bringt uns auf den eigentlichen Platz, in dessen Zentrum sich das Denkmal für die Helden des Volkes befindet und ein bisschen weiter das Mausoleum des Mannes, der Chinas Schicksal im 20. Jahrhundert wie kein Zweiter bestimmt hat: Mao Zedong.

Obwohl sicherlich Hunderte, wenn nicht gar Tausende gleichzeitig mit uns auf dem Platz sind, wirkt das gewaltige Areal alles andere als überfüllt, denn dafür ist er einfach zu riesig. Auch das Gebäude an seiner Westseite ist gewaltig: Die große Halle des Volkes, also das chinesische Parlament. Hier tagt unter anderem der Volkskongress und werden Staatsgäste empfangen. Seit Neuestem finden hier aber gelegentlich auch nicht-politische Veranstaltungen wie Pop-Konzerte statt.

Am südlichen Ende des Platzes befindet sich das mächtige Qianmen – das „vordere Tor“. Das mächtige Gebäude war einst Teil der Pekinger Stadtmauer, die in den 60er Jahren im Zuge des Baus der ersten U-Bahn-Linie jedoch leider fast vollständig abgerissen wurde.

Noch nicht abgerissen sind aber Teile der Pekinger Altstadt, durch die wir gleich gehen werden. Doch zuerst sehen wir etwas, das zwar alt aussieht, aber zum größten Teil eine Rekonstruktion im alten Stil darstellt: Die Fußgängerzone südlich des Qianmen. Schön ist es hier, wenn auch nicht unbedingt authentisch. Deswegen biegen wir bald links ab und wir kommen in ein echtes Altstadtviertel. Die sogenannten Hutong-Viertel mussten zwar in den letzten Jahrzehnten immer mehr modernen Wohnblocks weichen, aber noch gibt es nicht wenige davon.

Auffällig sind die engen Gassen, die von fensterlosen Mauern umschlossen sind. Hinter diesen Mauern liegen Wohnhöfe mit meist eingeschossiger Bebauung. Manche der alten Holztüren zu den Höfen stehen offen, so dass wir einen Blick in diese private und sehr einfache Welt erhaschen können. Die Lebensbedingungen sind fast erschreckend simpel. Traditionell gibt es in diesen Häusern z.B. keine modernen sanitären Anlagen, sondern Gemeinschaftstoiletten in den Gassen, und in den Wintern sind die Wohnungen bitterkalt. Dennoch machen diese Viertel Peking zu etwas Besonderem und es wäre jammerschade, wenn sie endgültig verschwänden.

Zwischen den Hofhäusern gibt es immer wieder ein paar winzige Kioske oder auch mal ein kleines, sehr einfaches Restaurant. Da es langsam Zeit zum Verschnaufen ist, lade ich Sie ein, in einem davon eine einfache, aber äußerst schmackhafte Nudelsuppe zu essen. Wenn Sie empfindlich sind, sollten Sie sich aber nicht allzu genau umschauen, denn solche Restaurants sind eigentlich immer schmuddelig. Aber keine Sorge: Magenprobleme habe deswegen noch nie bekommen.

Frisch gestärkt marschieren wir noch ein bisschen weiter, wobei die Orientierung in diesem Gassengewirr nicht immer einfach ist. Aber schließlich kommen wir an einer großen Straße heraus. Wir überqueren sie und gehen ein Stückchen durch moderne Häuserblocks. Nach wenigen Minuten sehen wir eine weitere Mauer. Sie umschließt einen riesigen Park in dessen Herzen sich der Himmelstempel befindet. Eigentlich ist die im Westen gängige Bezeichnung jedoch ungenau, denn es müsste korrekt „Himmels-Altar“ heißen. In diesem wunderbaren Areal lasse ich Sie nun alleine, denn dann können Sie nach herzenslust die berühmten Bauwerke ansehen oder einfach im Park ausruhen, entspannen oder den Einheimischen bei ihrer Freizeitgestaltung zuschauen, die aus gemeinsamen Tanzen, Musizieren, Kartenspielen und vielem mehr besteht.

Ich hoffe, ihre mentalen Füße tun noch nicht weh und Sie haben den Rundgang genossen 🙂

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