Meine Kollegin sagte mir, mein letzter Blog sei zu negativ. Okay. Hier kommt das genaue Gegenteil. Ich möchte ein paar Orte in China herausheben, die extrem sehenswert sind, aber nur sehr selten in Reisen angeboten werden.
Das Problem ist: Davon gibt es in China sicherlich noch Tausende. Aber ich kann natürlich nur über Orte sprechen, die ich schon selbst besucht habe.
Hier also meine persönlichen Top 5 der unterbewertesten Reiseziele Chinas
- Der Sommerpalast und die acht äußeren Tempel bei Chengde
- Die Kiziliya Schlucht im Tianshan Gebirge
- Das Guanzhong Folk Art Museum bei Xi’an
- Das Dorf Zhangbicun und sein unterirdische Festung
- Die Provinz Guizhou
Wer wissen möchte, warum diese Orte unbedingt einen Besuch Wert sind, der lese bitte weiter…
Der Sommerpalast und die acht äußeren Tempel bei Chengde
Zugegeben: Völlig unbekannt ist Chengde natürlich nicht. Immerhin gehören der Sommerpalast und die acht äußeren Tempel zum UNESCO Weltkulturerbe. Aber obwohl man Chengde prima als 2-Tages-Ausflug von Peking aus machen kann, kommt nur ein winziger Prozentsatz der ausländischen China-Touristen hierher. Das mag daran liegen, dass Chengde vekehrstechnisch so ein bisschen wie eine Sackgasse wirkt und andere Reiseziele außer Peking nicht gut erreichbar sind. Dennoch spricht so manches für eine Reise in die Sackgasse: Chengde liegt zum einen in einer sehr hübschen Bergregion, so dass man gut verstehen kann, warum die alten Mandschu-Kaiser hier einen Sommerpalast anlegen ließen. Der Palast selbst ist eher bescheiden, aber sein großzügiger Park lädt zum spazierengehen ein. Die großen Tempelanlagen in der Umgebung des Palastes sind hingegen alles andere als Bescheiden. Hier seien vor allem der große Puning Tempel und der Putuozongcheng Tempel erwähnt. Letzterer war ein Geburtstagsgeschenk an einen Kaiser und imitiert im Erscheinungsbild den gewaltigen Potala Palast in Lhasa.
Die Kiziliya Schlucht im Tianshan Gebirge
Nein, es liegt nicht daran, dass ich als Nordeutscher ansonsten zu wenige Schluchten gesehen hätte! In Westchina nördlich der Taklamakan Wüste liegt das Tianshan Gebirge, das an vielen Orten mit ungewöhnlich bunten Gesteinsschichten aufwarten kann. Die Kiziliya Schlucht ist nicht bunt, aber dennoch sehr farbig – und zwar rot (daher auch der Name, denn im alttürkischen bedeutet „kizil“ rot). Das tolle an der Schlucht ist aber, dass sie nicht nur verdammt schmal ist, sondern dass man kilometerweit zu Fuß in ihr gehen kann und es auch hinter der nächsten und nächsten Windung immer noch nicht langweilig wird. Wenn Sie also zufällig mal auf der Seidenstraße unterwegs sind, gönnen Sie sich von Kucha aus den Abstecher hierher!
Das Guanzhong Folk Art Museum bei Xi’an
Ich bin nicht derjenige, der in jeder Stadt sofort in ein Museum gehen würde. Aber dieses Freilichtmuseum hat mich einfach komplett begeistert. Südlich von Xi’an am Fuße einer Gebirgskette hat ein Privatmann dieses beeindruckende Stück altes China bewahrt. In der gesamten Provinz Shaanxi wurden einige der fantastischsten herrschaftlichen Häuser aus der Kaiserzeit Stein für Stein abgebaut und hier nebeneinander wieder errichtet. Jedes Haus ist für sich ein handwerkliches Wunder, doch besonders beeindruckend sind die Erklärungen zu den Hintergründen, welcher (Aber-)Glaube hinter den Eigenarten in Bauweise oder Verzierungen steckt. Und wenn Sie bis jetzt gedacht haben, dass es kaum etwas Uninteressanteres geben kann, als Steinpfähle an denen man Pferde festbinden kann – ich wette, dass Sie nach dem Besuch in diesem Ort anders darüber denken 😉
Das Dorf Zhangbicun und sein unterirdische Festung
Die kleine Stadt Pingyao in der Provinz Shanxi ist als Teil des Welterbes mittlerweile durchaus bekannt. Etwa eine Dreiviertel Stunde Fahrt mit dem Auto von hier entfernt liegt das wesentlich kleinere „Zhangbicun“. Der Ort selbst ist für sich alleine schon sehenswert. Dafür sorgen Stadtmauer, zahlreiche Tempel, authentisches Dorfleben und eine nette Lage in hügeliger Landschaft. Interessanter wird es aber, wenn man die Erklärungen hört, dass das Dorf vermutlich unter einer Vielzahl astronomischer Überlegungen angelegt wurde. Endgültig spannend wird es aber durch eine Festungsanlage, die unter dem Dorf im weichen Gestein der Berge angelegt wurde. Mehrere hundert Meter lange Gänge mit Vorratskammern, Arbeits- und Aufenthaltsräumen etc. lassen sich heute wieder begehen. Lange Zeit war das nämlich nicht mehr möglich. Bevor seinerzeit japanische Invasoren hier einmarschierten wurden die Zugänge abgedichtet und das Wissen und das Interesse an der Anlage gingen beinahe verloren.
Die Provinz Guizhou
Noch immer sind deutschsprachige Reisegruppen in dieser südchinesischen Provinz äußerst rar. Und das begreife ich einfach nicht. Ich kann mich nicht erinnern irgendwo sonst so viele völlig bizarre Landschaften auf so engem Raum gesehen zu haben. Auch dürfte es kaum andere Gegenden geben, in denen es noch so viele traditionelle alte Orte von sovielen verschiedenen ethnischen Gruppen zu sehen gibt. Hinzu kommen Chinas größter Wasserfall Huangguoshu, die größte mit Booten befahrbare Höhle der Welt und noch so manches mehr. Warum also so wenige Touristen? Vielleicht weil Guizhou nicht so bequem ist? Die Infrastruktur ist noch nicht gut, da es sich um eine der ärmsten Gegenden Chinas handelt. Spitzenklasse Hotels sucht man also vergebens. Ich sage aber: Die Erlebnisse hier entschädigen locker für die Komfort-Einbußen!