Teezeremonie? Ach was, einfach Wasser drauf!

Das chinesische Nationalgetränk ist sicherlich auch in einer Zeit, wo Coca Cola an jeder Ecke und Star Bucks Coffee oder Becks Bier zumindest in allen Metropolen erhältlich sind, der Tee. Und zwar das, was wir als „grünen Tee“ bezeichnen. Also nicht fermentierter Tee. Was wir als „schwarzen Tee“ bezeichnen, nennen die Chinesen „roten Tee“. Und ich muss sagen, dass sie offensichtlich weniger farbenblind sind als wir Deutschen – jedenfalls wenn man von dem Ergebnis ausgeht und nicht von der Farbe der getrockneten Blätter. Eine chinesische Teezeremonie ist eine entspannende und meditative Übung, bei der der chinesische Tee zur vollen Entfaltung kommt.

Teezeremonie

Teezeremonie

Schwarzen bzw. roten Tee in China zu finden, ist aber gar nicht so einfach. Die meisten Supermärkte im Reich der Mitte führen eine größere Auswahl an grünen und auch an Blumentees. Letztere bestehen übrigens tatsächlich aus verschiedenen Pflanzenblüten, die nicht nur gut schmecken, sondern beim Ziehen im heißen Wasser auch noch hübsch anzusehen sind. Schwarzer Tee findet sich meist jedoch nur in Form von Beuteltee der Marke Lipton (das soll übrigens keine Schleichwerbung sein, da ich von diesem Tee nicht viel halte…). Dort wo vorwiegend muslimische Minderheiten in China wohnen, sieht das Bild anders aus. Hier ist schwarzer Tee etwa ebenso populär wie in der Türkei.

Aber zurück zum grünen Tee, dem Lieblingstrunk der Chinesen. In den letzten Jahren trinken auch in Deutschland immer mehr Menschen dieses Heißgetränk, dem eine ganze Reihe von gesundheitsfördernden Eigenschaften nachgewiesen und noch ein paar weitere nachgesagt werden. Daher kann man glücklicherweise auch hier inzwischen sehr ordentliche Grüntees bekommen. Allerdings ist die Auswahl der verschiedenen Sorten stark eingegrenzt und wirklich gute Blätter können ziemlich teuer werden. In China, dem wohl größten Anbauland vom grünem Tee, ist die Auswahl naturgemäß sehr viel reichhaltiger. Nicht nur Dutzende Qualitätsstufen gibt es, sondern auch in Deutschland praktisch unbekannte Sorten mit oftmals sehr angenehmen, manchmal aber auch kaum erträglichem Geschmack. Ich erinnere mich da zum Beispiel an einen speziellen Bittertee, den ich mal in einem botanischen Garten auf der Insel Hainan getrunken habe.

Sollten Sie einmal nach China reisen und gerne mal einen grünen Tee trinken, planen Sie im Gepäck viel Platz dafür ein! Spottbillige Tees im Supermarkt, wo man für umgerechnet weniger als einen Euro schon 100g ganz passablen Tees bekommt, verführen ebenso zur Mitnahme wie bessere Sorten aus einem der Teegeschäfte, die praktisch überall zu finden sind. Wenn Sie sich nicht sicher sind, welche Sorte Sie kaufen möchten, ist es kein Problem, einmal in die verschiedenen großen Tee-Dosen hineinzuschnuppern. In vielen Fällen wird man Sie auch gerne von den verschiedenen Sorten probieren lassen.

Teeservice

Teeservice im Mandarin Oriental auf der Insel Hainan

Und hier sehen Sie dann auch gleich die richtige Zubereitung – zumindest in den Augen der chinesischen Tee-Experten und auch in meinen eigenen. Es gibt aber natürlich immer Leute, die anderer Meinung sind. Letzten Endes ist auch Teezubereitung eine Geschmackssache. Nach der traditionellen Methode wird der Tee zunächst mit beinahe kochendem Wasser übergossen und kurz „ausgewaschen“. Nach ein paar Sekunden wird dieser erste Aufguss weggegossen. Mit etwa 80 Grad Celsius heißem Wasser wird dann der eigentlich Aufguss gemacht, der etwa zwei Minuten lang ziehen sollte. Durch dieses Verfahren wird der Tee etwas milder und weniger bitter. Ein guter Tee lässt sich übrigens noch mindestens zwei, drei weitere Male aufgießen und schmeckt auch dann noch gut.

Klingt das etwas zu kompliziert, um sich mal eben im Büro eine Tasse Tee zu machen? Das scheinen die Chinesen im Alltag ebenso zu sehen. In der Regel trinken sie ihren Tee nämlich völlig anders: Teeblätter lose in ein Behältnis (vorzugsweise Gläser mit verschließbarem Deckel, neuerdings besonders beliebt in zweiwandiger Variante, die den Tee schön warm hält und die Hände vor einem verbrennen bewahrt, was bei den anderen Gläsern mangels Henkel immer zu passieren drohte) und auf die losen Blätter einfach heißes Wasser draufgießen. Ohne Sieb oder Filter. Die Blätter werden schon irgendwann zu Boden sinken. Und dann trinkt man einfach. Wegen der Blätter, die weiterhin im Tee schwimmen, wird das Getränk aber ständig stärker und bitterer. Kein Problem: Einfach immer mal wieder das bereits Getrunkene durch neues heißes Wasser auffüllen. Ich selbst bin zwar der Meinung, dass man auf diese Weise besonders guten Tee nicht richtig würdigen kann, aber den meisten Chinesen dient der Tee ja auch nicht als Genussmittel, sondern als Flüssigkeitslieferant.

Teegeschäft in Peking

Tee Geschäft in OPeking

Ach so: Sie können in China auch ungeheuer teuren Tee erstehen! Selbst nach deutschen Maßstäben würden Sie bei den Preisen vermutlich aus den Latschen kippen. Aber wer andere beeindrucken will, kann ja mal in einem Teeladen einen Tee erstehen, der mehr als 50 Euro pro 100 Gramm kosten soll.

Natürlich haben Teehäuser in China immer eine wichtige Rolle gespielt – in erster Linie als Austauschplatz für Klatsch und Tratsch. Im 20. Jahrhundert hatten diese traditionellen Begegnungsstätten jedoch stetig an Bedeutung verloren. Neuerdings scheinen aber auch Teehäuser wieder im Kommen zu sein. Allerdings dann nicht so sehr als Treffpunkt älterer Herren, die unter freiem Himmel sitzen und ihre Singvögel in mitgebrachten Käfigen zwitschern lassen, sondern eher als trendige Szeneläden mit entweder pseudo-traditionellem oder sehr modernem Interieur, exklusivem Service und meist hohen Preisen. Star Bucks und Co lassen grüßen! Egal in welchem der Teehäuser: Eine so schöne Zeremonie der Teezubereitung, wie man sie in Teegeschäften bekommt, oder man sie gar aus Japan kennen  könnte, habe ich in China nirgends erhalten. Gewiss gibt es solche Zeremonien irgendwo, aber auch in Teehäusern gilt üblicherweise die Regel: Blätter rein ins Glas bzw. die Kanne, Wasser drauf und immer wieder aufgießen. Dass dabei oftmals viel zu viele Teeblätter benutzt werden, was dem Aroma eigentlich nicht zuträglich ist, weil das Getränk dadurch viel zu stark wird, scheint weniger eine Rolle zu spielen. Schließlich war der Tee teuer, da kann man auch eine ordentliche Menge Teeblätter erwarten!

Teehaus in Chengdu

Entspannt in einem Teehaus in Chengdu

Die Hochburg der Teegärten und Teehäuser ist Chengdu, die Hauptstadt der Provinz Sichuan. Neben dem Besuch der Großen Pandas sollte man sich einen Tee im People’s Park nicht entgehen lassen. Wenn man schon mal in Chengdu ist!

Zu Chengdu erfahren Sie hier mehr: Sehenswürdigkeiten

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