Die verschwundene Minderheit – Juden in China

Juden in China, das ist bis heute ein wechselhaftes und düsteres Kapitel der Geschichte.

Die chinesische Nation besteht heute – nach offizieller Einteilung – aus 56 ethnischen Gruppen. Circa 92 Prozent davon gehören zur Gruppe der „Han“. Die restlichen 8 Prozent (immerhin mehr als 100 Millionen Menschen), die einen chinesischen Pass haben, verteilen sich auf andere Ethnien. Dabei hätte die Geschichte nur minimal anders verlaufen müssen, und dann wären es insgesamt 57 Ethnien gewesen. Die heute fehlende Gruppe waren die Juden.

Vor vielen Jahrhunderten waren einst jüdische Kaufleute auf dem Landweg ins Reich der Mitte gelangt. Mit der Zeit ließen sich immer mehr von ihnen in einigen chinesischen Städten nieder und gründeten jüdische Gemeinden, die manchmal sogar über eigene Synagogen verfügten. Mit der Zeit jedoch ebbte der Handel über den Landweg ab und der Kontakt der Juden in China mit Juden aus anderen Teilen der Welt kam zum Erliegen. Gleichzeitig vermischten sich die jüdischen Bewohner der Städte durch Heiraten immer mehr mit den alteingessenen Han-Chinesen. Allmählich wurde Chinesisch zur Alltagssprache und das Hebräische wurde nur noch in religiösem Kontext verwendet. Auch diejenigen, die die Texte der Thora in hebräischer Schrift lesen konnten, wurden immer weniger. Die wahrscheinlich letzte Gemeinde, die zumindest Teile des religiösen Lebens aufrecht halten konnte, war die der Stadt Kaifeng.

Nachdem 1842 Shanghai infolge des Opiumkrieges zunächst den Briten, später aber auch den anderen ausländischen Mächten geöffnet wurde, kamen bald auch wieder Juden ins Land. Als diese hörten, dass es in Kaifeng noch Nachkommen jüdischer Einwanderer gab, wurde versucht, mit diesen Kontakt aufzunehmen und den jüdischen Traditionen neuen Schwung zu verleihen. Doch es war  zu spät – wenn auch nur wenige Jahrzehnte! So manchen in Kaifeng war bewusst, dass sie einen anderen kulturellen Hintergrund hatten als die Han. Doch ihr Leben unterschied sich mittlerweile kaum noch von denen der Han. Speisegebote waren vergessen und die heiligen Schriften, die in der Syngoge noch lagerten, konnte fast niemand mehr verstehen.

Heute erinnert in Kaifeng fast nichts mehr an die einst große jüdische Gemeinde. Die Synagoge existiert nicht mehr. Im Kaifeng Museum finden sich aber noch zwei Stelen der jüdischen Gemeinde sowie detaillierte Informationen über die Geschichte der Juden in dieser Region. Auch ein Forschungsinstitut befasst sich mit diesem Thema.

Obwohl es noch zahlreiche Chinesen gibt, die ihre Abstammung auf jüdische Wurzeln zurückverfolgen können und sich einige darüber sogar bewusst sind, gelten diese heute nicht als eigene Minderheit, sondern sind assimiliert und Teil der großen Gruppe der Han geworden.

Mehr über die Juden in China finden Sie Juden in China: Von der Seidenstraße bis nach Kaifeng.

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