„Chongqing ist genauso schön wie Hongkong“

„Ist das nicht herrlich?!“ ruft der alte Lehrer Wang und breitet beide Arme aus, wie um die erstaunliche Kulisse zu umarmen. Gerade geht langsam die Sonne unter über der Millionenmetropole Chongqing und taucht alles in ein sanftes Licht. Die Lichter der Hochhäuser und Brücken gehen nach und nach an. Ich sehe das glückliche Blitzen in den Augen von Herrn Wang. Irgendwie kann ich die Begeisterung nicht so richtig nachvollziehen beim Anblick endloser Hochhäuser. „Und meine Frau und ich haben jetzt ein modernes Appartement! Mit Toilette und elektrischer Küche ganz für uns alleine!“ Enthusiastisch schildert mir Herr Wang die Vorzüge seines neuen Lebens. Ich höre fasziniert zu, hier im Eling-Park mitten in Chongqing.

Chongqing

Chongqing Skyline am Abend

Chongqing, seit 1997 regierungsunmittelbare Stadt, liegt mit einer Fläche so groß wie Österreich und insgesamt 33 Millionen Einwohnern am Zusammenfluss der Flüsse Jialing und Yangtze. Den meisten Besuchern ist sie bekannt als Ausgangspunkt der berühmten Yangtze-Kreuzfahrten. Manch einer hat auch schon die bunten Buddha-Reliefs von Dazu besucht, ein UNESCO-Weltkulturerbe nicht weit entfernt. Auch ich warte auf den Beginn meiner Flusskreuzfahrt und habe mich aufgemacht, die Stadt zu erkunden.

Jeden Tag geht Herr Wang in den schönen Eling-Park, für seine Tai Ji-Übungen oder auch nur, um seine Freunde zu treffen und bei einer Tasse Tee Mahjiang zu spielen und zu klönen. Er sei Rentner und habe viel Zeit, erzählt Herr Wang. So entspannt kann das Leben in Chongqing sein!

Herr Wang ist in seiner Begeisterung für die Stadt nicht zu bremsen. Seine Familie kam vor langer Zeit aus der Provinz Hubei, um in Chongqing ihr Glück zu finden. Während der Qing-Dynastie, als Sichuan nicht besonders dicht besiedelt war, zogen viele vor allem an den Yangtze-Fluss, der eine wichtige, wenn auch gefährliche Handelsstrecke war. So ist Herr Wang auch besonders der Halle der Hubei-Kaufleute verbunden, der Huguan Halle aus dem 18. Jahrhundert. Voller Stolz erzählt er mir, dass die zahlreichen alten Gebäude früher nicht nur Büros, Versammlungsräume und ein Theater boten sondern auch einen Tempel für den Gott Yuwang, der besonders wegen seiner Hilfe bei guten Ernten und Geschäften geschätzt wird. Jetzt sind die Hallen liebevoll renoviert und strahlen in neuem Glanz. Seit 2005 sind sie für Besucher geöffnet und präsentieren viele Informationen über das Leben der chinesischen Kaufleute.

Chongqing Hubei Guild Hall

Das prächtige Tor zur Halle der Hubei Gilde in Chongqing

Und sonst? Was bietet Chongqing noch? Da ist das moderne Drei-Schluchten-Museum, das mit großen Panoramen, gut präsentierten Ausstellungsstücken und englischsprachigen Informationen ganz der Geschichte des Lebens am Yangtze-Flusses gewidmet ist. Museen sind ja was für mich! Da hab ich mir schon am Morgen die ausgestopften Vögel und jedes alte wunderschöne Porzellangefäß intensiv angeschaut. Alte Fotografien veranschaulichen die beschwerliche Arbeit der Yangtze-Schiffer. Anschließend ist Bummeln durch die Fußgängerzone am Jiefang-Platz angesagt.

Abends stürze ich mich in das Leben in Chongqings lebhaften Amüsierviertel Hongyadong. Herrlich – so ein kühles chinesisches Bier! Als ich dann zum Schiffsanleger gehe, wo das schöne Yangtze-Flusskreuzfahrtschiff liegt, muss ich angesichts der strahlenden Skyline an die Worte von Herrn Wang denken: „Chongqing ist mindestens genauso schön wie Hongkong!“ .

 

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