Die neuen Hochgeschwindigkeitszüge verkehren mehrfach pro Stunde zwischen Shanghai und Peking. Auch sonst scheint Chinas Eisenbahnnetz gut ausgebaut und befindet sich im Wachstum. Doch offensichtlich gibt es auf sehr vielen Strecken einen größeren Bedarf an Fahrkarten als es Plätze in den Zügen gibt. Das hat dazu geführt, dass Schwarzhändler größere Kontingente an Fahrkarten für begehrte Strecken ergaunern und sobald im legalen Handel keine Plätze mehr zu bekommen sind, diese für einen erhöhten Preis wieder an die verzweifelten Reisenden bringen. Als Abhilfe werden Fahrkarten nun oft nur noch Personengebunden verkauft – ähnlich wie Flugtickets. Klingt sinnvoll, doch die Regelungen sind uneinheitlich und steigern den Aufwand auch für ausländische Gäste.
Problem Nummer eins – Tickets nur am Schalter vor Ort:
Ticketkauf über das Internet? Nicht bei der Bahn in China. Die Fahrkarten gibt es immer noch ausschließlich bei Bahnhöfen und ganz wenigen autorisierten Agenturen. Schlimmer ist aber, dass es (von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen) die Fahrkarten nur in dem Ort zu kaufen gibt, ab welchem die Fahrt beginnen soll. Man kann also nicht in Datong zum Bahnhof gehen und sich ein Ticket für die Strecke Pingyao-Xi’an besorgen. Das heißt: Wer vorausplanen will, muss eine örtliche Agentur beauftragen, rechtzeitig Tickets für einen zu kaufen. Selbstverständlich wird die Agentur dafür eine Service-Gebühr verlangen.
Problem Nummer zwei – uneinheitliche Regelungen:
In einigen Städten werden lediglich für die Hochgeschwindigkeitszüge die Namen und Passnummern der Gäste verlangt. An anderen Orten verlangt man diese Informationen auch für normale Zugtypen, wie z.B. Nachtzüge. Wiederum andernorts verlangt man auch von ausländischen Gästen eine Kopie des Reisepasses. Das heißt, wer zum Beispiel im Vorfeld Fahrkarten für die Strecke Chengdu-Chongqing besorgen will, muss der Agentur, welche die Fahrkarten kauft, einen Scan seines Passes zukommen lassen.
Problem Nummer drei – keine Umsteigeverbindungen:
Eigentlich ist dies eine logische Konsequenz aus Problem Nummer eins. Es ist nicht möglich in Xi’an eine Fahrkarte nach Chengde zu bekommen, weil man dafür in Peking umsteigen müsste und die Fahrkarte ab Peking leider nur in der Hauptstadt ausgestellt werden kann.
Es scheint so, als würde sich der Bedarf nach Mobilität im Reich der Mitte erheblich schneller entwickeln als die zur Verfügung stehende Verkehrs-Infrastruktur. Kaum zu glauben, wenn man die vielen Mega-Bahnhöfe, Fernstraßen oder neuen Flugplätze betrachtet. Ebenfalls ganz erstaunlich, wenn man schaut, wie lang Chinas Züge sind! Ein durchschnittlicher Fernverkehrszug hat gut und gerne 18 Waggons. Davon einen für Gepäck und Sperrgut, einen für das Restaurant. Meistens einen oder zwei Wagen mit „Softsleeper“ Abteilen und vielleicht fünf oder sechs Waggons mit „Hardsleeper“ Abteilen. Der Rest ist meist der sogenannte „Hardseater“. Alles in allem sind geschätzt deutlich mehr als 1000 Reisende in so einem Zug. Sogar ganz erheblich mehr, wenn die Hardseater mal wieder bis zum Bersten voll sind.
Klare Schlussfolgerung: Besonders auf den weniger Prestigeträchtigen Strecken müssen mehr Züge fahren und Chinas Eisenbahn benötigt ein zeitgemäßes und flexibles Reservierungssystem.